Da ich als „Mann“ geboren wurde und seit einiger Zeit dabei bin, meinen Körper mittels Östrogen dem „weiblichen“ anzunähern,
somit offiziell als „transsexuell“ kategorisiert werde, bekomme ich die Folgen der Zweigeschlechterordnung besonders zu spüren. Viele Menschen, besonders Männer, sind verunsichert und wissen nicht wie sie sich zu mir verhalten sollen. So wie sie sich selber als Mann oder als Frau sehen und mehr oder weniger rollenkonform handeln, so wollen sie auch die anderen jeweils deren Geschlechterrollen entsprechend behandeln und erwarten von allen, daß sie es genauso tun. Wenn jemand bei diesem Rollenspiel nicht mitspielen kann oder will, so wie ich,wird diese person oft als anstrengend und schwerig empfunden.
Der Staat, Krankenkassen und der Rest der Gesellschaft verlangen von Transfrauen (von Transmännern etwas weniger) häufig, daß sie sich besonders rollenkonform verhalten. Aber warum soll ich die Männerrolle ablegen, nur um eine neue Rolle anzunehmen und mich wiederum selbst zu verleugnen?
Um die Geschlechterrollen zu sprengen, reicht es nicht aus, die Grenzen zwischen den Geschlechtern einzureissen (mittels crossdressing, sichtbarer Trans- und Intersexualität, usw.), auch wenn das schon ein Fortschritt ist. Wir sollten versuchen, unsere Geschlechtlichkeit und die der anderen als etwas individuelles, also als jeweils einzigartig, jenseits irgendwelcher Rollenkonstrukte wahrzunehmen. Wir müssen aufhören, uns aufgrund berechtigter Angst vor gesellschaftlichen Nachteilen (bis hin zu körperlicher Gewalt) an Geschlechternormen anzupassen und versuchen, auch die anderen Menschen nicht mehr nach diesen Normen zu behandeln.
Je mehr wir dies erreichen, umso weniger können uns der Staat und andere Autoritäten über unser Geschlecht manipulieren.
Und: Je mehr Menschen gegen die Geschlechterordnung handeln und sich dabei einander gegen Angriffe und Ausgrenzung unter- stützen, umso geringer wird die Gefahr von gesellschaftlichen Nachteilen für uns.
saskia